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Überbauung mit gemischten Nutzungen Im Grund Willisau

 

Ausgangslage

Der Wettbewerbsperimeter liegt an der Schnittstelle von äusserst unterschiedlichen Massstäblichkeiten, Körnigkeiten und Texturen. Währendem sich im Westen des Perimeters das figurlose, locker bebaute Quartier im Grund erstreckt, wird das Grundstück im Osten durch seine „ante portas“ Lage zur Willisauer Altstadt von nationaler Bedeutung geprägt: Die direkte Umgebung nach Osten zur Altstadt hin zeichnet sich dabei durch zwei räumliche Leerstellen aus: Einerseits der direkt der Altstadt vorgelagerte, räumlich schwach definierte Zehntenhausplatz und andererseits der innerhalb der Altstadtstruktur liegende, räumlich stark gefasste Kirchenplatz.

 

Situation

Das neue Projekt zeugt von der Idee, dass eine funktionierende Gemeinschaft - das Kollektive – auf einem starken öffentlichen Raum gründet, und dass das Ensemble stets wichtiger ist als jedes isolierte Meisterwerk.

Die neue Setzung sucht deshalb die Anknüpfung an die oben beschriebene Abfolge der östlichen, öffentlichen Leerräume indem ein dritter Platzraum etabliert wird: 3 neue Baukörper fassen zusammen mit den beiden Bestandesbauten - Gemeindehaus und Alterswohnhaus – einen Platzraum: dieser wird nicht nur Ankerraum der neuen Überbauung, sondern wird als öffentlicher Raum auf der Quartiersebene von Bedeutung. Der verkehrsfreie neue Versammlungsraum (Treffen – Sehen - Verweilen) ist in Adhäsion an die Altstadt gepflästert und baumbestanden – locker gesetzte, grosse Eschen laden zum Aufenthalt ein und spenden Schatten. Alle neuen Gebäude werden von diesem Platzraum aus erschlossen.

Die Setzung der neuen Gebäude folgt der Ordnung der Bestandesbauten: Einzelbaukörper von unterschiedlichen horizontalen und vertikalen Ausdehnungen werden leicht zueinander versetzt und folgen gleichzeitig den Strassengeometrien. Sie bilden zusammen mit dem Bestand eine leere Mitte, die angenehm gefasst und gleichzeitig genügend offen ist, um das neue Ensemble mit seiner Umgebung zu verzahnen. Auf einer feinräumlichen Ebene verklammern sich die Gebäude selber über horizontale und vertikale Vor- und Rücksprünge mit dem Umraum – ähnlich wie dies das Gemeindehaus mit seinen Risalittürmen tut.

Die vorgeschlagene Setzung ermöglicht eine gute Durchquerung der neuen Anlage, von der Altstadt als auch dem Chirbelmattquartier her kommend. Der „Hauptzugang“ vom Zehntenhausplatz, der zwischen Alterswohnungen und Gemeindhaus hindurch auf den Platz führt, wird durch eine Baumallee mittlerer Höhe angezeigt.

 

Organisation, Funktionen

Jeder der 3 neuen Baukörper weist eine eigene Funktion auf – dies ermöglicht eine Anordnung, welche die nutzungsspezifisch unterschiedlichen Öffentlichkeits- oder Privatheitsgrade reflektiert und zudem auf die topografischen/kontextuellen Gegebenheiten reagiert. Nota bene hält sich die Aufteilung auch an die heutige Zonenordnung, sodass keine Umzonung notwendig ist.

 

Kirchgemeindehaus

Das Kirchgemeindehaus mit Tagesstruktur im EG, Kirchgemeindesaal im 1.OG und den dazu gehörenden beiden Wohnungen im 2. OG wird als vis à vis des Gemeindehauses interpretiert - zusammen spannen die beiden öffentlichen Gebäude den Platz in Ost-Westrichtung auf. Der zweigeschossige Kirchgemeindesaal thront im 1.OG kanzelartig über dem Platz und in den Bäumen.

 

Kindergarten

Die 6 Kindergarteneinheiten sind am südlichen Platzrand zum Hang hin platziert – innenräumlich verspannen sie den Platzraum mit dem Hangraum. Jeweils 3 Einheiten im EG und 3 Einheiten im 1.OG werden über eine Laubengangschicht vom Platz her erschlossen. Der südliche Grünraum ist für beide Einheiten ebenfalls direkt erreichbar, entweder ebenerdig (EG) oder über individuelle Treppen (1.OG).

Die Kindergarteneinheiten lassen sich für besondere Anlässe geschossweise über grosse Schiebetüren zusammen schalten. Ansonsten funktionieren die Einheiten aber autonom und besitzen individuelle Nasszellen. Die Haupträume sind jeweils 2 Stufen höher gesetzt als die restliche Einheit und verweisen auf die leichte Hanglage des Gebäudes.

Die Spiellandschaft der Kindergärten entwickelt sich zweiseitig: Einerseits wird der Durchgang zwischen Kirchgemeindehaus und Kindergarten als Spielstrasse ausgebildet. Nach Süden zum Hang hin zonieren die Gerätehäuser einzelne Nischen, welche sich mit ihren verschiedenen Belägen und Niveaus terrassenartig mit dem Hang verzahnen.

 

Wohnen

Das neue Wohngebäude ist im Norden des Perimeters entlang der Enziwiggerer platziert und integriert 30 Wohnungen, die alle mit grosszügigen Südloggias zum Platz/Kirchgemeindehaus hin und mit kleineren (meist der Küche vorgelagerten) Nordloggias zum im Grund ausgestattet sind. Zur Privatisierung der Erdgeschosswohnungen sind diesen zum Platz hin private, mit Mauern und Hecken gefasste Gartenbereiche vorgelagert.

Die Wohnungen selber sind Nord-Süd „durchgesteckt“ und zeigen - mit Ausnahme der kleinen Wohnungen - Durchwohnsituationen. Die grösseren Wohnungen sind an den Gebäudeenden angeordnet, sodass diese dreiseitig belichtet sind. Das das Haus durchwirkende Schottensystem wird im Bereich der Fassaden innen partiell aufgelöst, um Räume über die Diagonale verspannen zu können. Zusammen mit den generell raumhohen und sturkturellen Öffnungen innerhalb der Wohnungen führt dies zu einer grosszügigen Raumatmosphäre - das Haus atmet. 

Wie die unterschiedlich organisierten Geschosse zeigen, könnte der Wohnungsschlüssel auch an neue Bedürfnisse anpasst werden. Übereinander angeordnete Nasszellen, effizient platzierte Treppenhäuser und die Beschränkung auf einen einzigen Baukörper lassen zudem eine gute Wirtschaftlichkeit erwarten.

Die sowohl in der Horizontalen als auch in der Vertikalen ondulierende Abwicklung des Hauses mag zwar die Ökonomie etwas schmälern, ist aber auf der städtebaulichen Ebene zwingend: ein Volumen dieser Höhe und Länge kann nur über eine differenzierte Abwicklung und Fassadengestaltung, eine bezugnehmende Gliederung mit dem Bestand des alten Gemeindehauses in eine angemessene Beziehung treten, ohne dieses zu desavouieren. Ist er aber gut proportioniert und angenehm materialisiert ist ein solcher Baukörper eine mögliche Antwort auf anstehende Verdichtungsfragen und steht im Dienste der Hauptidee: die Konzentration der Masse zugunsten der Freihaltung einer kräftigen, öffentlichen Mitte.

 

Verkehr, Tiefgarage

Die eingeschossige Tiefgarage bietet Platz für 116 PPs (dazu kommen 9 Aussen PPs), 70 Velo PPs und 3 Mofa PPs. Sie erstreckt sich über den ganzen Perimeter, mit Ausnahme des südlichen Endes, wo sonst der Hang abgegraben werden müsste. Die darüberstehenden Gebäude sind strukturell auf die unerbittliche Statik des Parkplatzrasters (Achsmass in beide Richtungen  8.10m) abgestimmt und weisen mit Ausnahme des Kindergartengebäudes alle direkte Aufgänge auf. Die Einfahrt der Tiefgarage erfolgt von Osten her über eine gedeckte Rampe, die nördlich direkt an das Alterswohnungsgebäude angebaut wird. Die Zufahrt für die bestehende Tiefgarage des Alterswohngebäudes bleibt bestehen, wird aber optisch weggespiegelt,  indem sie über den gepflästerten Platzbelag stattfindet - das Verkehrsaufkommen bei 20 Einstellplätzen ist vernachlässigbar klein. Möglicherweise können in einer späteren Projektierungsphase die 20 PP am jetzigen Standort aufgehoben und in die neue Tiefgarage integriert werden, sodass durch einen klugen Umbau der ehemaligen Tiefgarage auch das Alterswohnungsgebäude direkt am Platz zu stehen kommen könnte.

 

Materialisierung

Die neuen Gebäude bilden eine Art steinernen Hintergrund für den neuen Platz. Der Naturstein des Gemeindehauses wird durch Klinkerelemente ersetzt – abhängig von Geschoss, Position und Funktion kommt eine Mischung aus Betonelementen, Klinkerfeldern und verputzten Oberflächen zum Einsatz, die das Ensemble in eine materielle Einheit zu vergiessen sucht. Die Backsteine stellen dabei die Relation zum menschlichen Massstab her. Der mit Natursteinen gepflästerte Platzbelag vermittelt zum rustikalen Sockel des Gemeindehauses und verweist auf die Nähe zur Altstadt. Die Loggien der Wohnungen zeigen Geländer aus Glasbausteinen, die das Licht nach Innen einfallen lassen und gleichzeitig von aussen die Balkomöblierung neutralisieren.

Im Grund Willisau

Wettbewerb 2016

 

Architektin:

Aita Flury

 

Landschaftsarchitekten:

Raymond Vogel Landschaften

 

Verkehrsplaner:

Enz & Partner

 


AitaFluryPouillonAlgier

Sozialer Wohnungsbau

Algier Fernand Pouillon 1955