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Wohnhaus Flury Zarn 1965

In unmittelbarer Nähe des Bahnhofs Domat/Ems baute der Churer  Architekt Alfred Theus in den 60-er Jahren für die Familie Flury Zarn ein Einfamilienhaus, das dem umliegenden Kontext mit seiner Kernzonenmorphologie sehr andersartig und eigenständig entgegen tritt: es handelt sich um eine eingeschossige, flach gedeckte Wohnbaute, die in den Raum ausgreift und durch ihr zurückversetztes Kellergeschoss vom Boden abgehoben erscheint. Der Pavillon, in seiner Grundgeste dem Projekt der rationalen Moderne verpflichtet, wird gleichzeitig von haptischen Backsteinscheiben geprägt, die das Haus trotzdem erden und auf eine späte, nicht orthodoxe Moderne und auf den Wunsch nach Materialität verweisen. Die Reflexion des Aufwachsens in diesem Hause hat sich 2002 in folgendem Essay (Ausschnitt) niedergeschlagen:

 

Casabella

I schnec gi a la furmicla:

eu sun an mia casa

e drov bec tiu agid

sch’tei vegns an mia sbava

scha vagl cun tei lu schliet

 

Das Haus war auffällig. Es unterschied sich nur schon durch seinen Abstand zu den anderen Häusern. Es zeigte ein sich Distanzieren, ein sich Abgrenzen gegenüber der Nachbarschaft. Auch gegenüber dem Terrain, ein deutliches sich Abheben, fast schon eine entschwebende Geste. Man wollte sich nicht festmachen lassen, immer bereit anders zu denken. Dies manifestierte sich in der ganzen äusseren Erscheinung, die sich in Material, Form, Grösse und Ausbreitung niederschlug, eine Strenge und Abstraktion, die für Spontanität wenig Raum liess. Hier waren die Dinge geregelt, selbst der weite Weg vom Gartentor zum Haus über das Grundstück in klarer Vorgabe. Die fast schelmisch anmutende Wegkurve nichts anderes als das Nachzeichnen und die Betonung der Grenze zum benachbarten Land der Grossmutter. Im Winter, wenn der Schnee die Grenze verflüchtigen liess, wurde der Weg blindlings trotzdem genau so wie in den anderen Jahreszeiten begangen und befahren. Der Radius der Biegung hatte sich derart in den Bewegungsapparat eingeschrieben, dass diesem auch ohne äussere Sichtbarkeit gefolgt wurde. Insgesamt kein Ort der Willkür. Diese hatte hier nichts verloren und wenn sie sich doch manchmal eine List ausdachte, um sich einzuschleichen, wurden sie bändigende Taktiken entwickelt. Die das Haus umringende Natur konnte sich schliesslich längerfristig immer mehr durchsetzen, auch wenn man sie versuchte maniküriert zu halten. Dem Haus fehlte ein Dach - bezugslos abgeschnitten und wie eine trotzige, erdige Fassade zum Himmel schien auch hier einer allfälligen Beliebigkeit von Anfang an bewusst Einhalt geboten worden zu sein. Als Kind wünschte man dem Haus ein Strohdach, oder wenigstens irgendein Zeichen, dass man auch an sein vertikales Streben, sein Aufsteigen zum Himmel, gedacht hatte. Aber es blieb liegend – als ob es Adolf Loos Postulat folgen wollte: in den Bergen sollst Du flach bauen.

 

Kinderkrippe Tripiti 2015

2015 wurde das einstige Wohnhaus zur Emser Kinderkrippe Tripiti umgebaut. Das original erhaltene Haus blieb dabei fast unangetastet – einzig die Nasszelle wurde krippentauglich adaptiert und im breiten Flur wurden Garderobenablagen ergänzt. Der Pavillon, der als Bautypus von Anfang an eine öffentliche Nutzung suggerierte, hat damit vorerst seine Bestimmung gefunden. Er ist wichtiger räumlicher und sozialer Baustein in der soeben stattgefundenen (MFH La Contenta) und zukünftigen Entwicklung des Areals Plazza Staziun.

 

Kinderkrippe Domat/Ems

Umbau 2015

 

Architektin:

Aita Flury

 

Publikationen:
52 Beste Bauten Baukultur Graubünden 1950-2000, Edition Hochparterre Zürich
Bündner Tagblatt, 23.Oktober 2020


PlazzaStaziunAlfredTheus

Plazza Staziun 21, 7013 Domat/Ems

Architekt: Alfred Theus 1965